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3 gesellschaftliche Trends, die Akzeptanzkommunikation wichtig machen

Das Aufkommen der Akzeptanzkommunikation bzw. Projektkommunikation als eigene Kommunikationsdisziplin ist mit mehreren Megatrends verbunden.

  • 1. Kein Konsens über Bedeutung von Investitionen in Infrastruktur

Der erste ist der Verlust eines Konsenses in der deutschen Gesellschaft darüber, dass die Infrastruktur erneuert werden muss, um sie funktional zu halten und auch kommenden Generationen zur Verfügung zu stehen, und dass für den beispiellosen Wohlstand der Gegenwart Wirtschaft und Industrie Voraussetzungen sind. Letztere sind, ebenso wie alle Arten von Infrastrukturvorhaben, in der Öffentlichkeit meist mit einem negativen Image behaftet. Wir leben in einer so langen Phase der relativ hohen Sicherheit und des Wohlstands, dass diese nicht nur selbstverständlich erscheinen, sondern vor allem voraussetzungslos. Die Illusion der Voraussetzungslosigkeit ist ein zentrales Problem in zahlreichen aktuellen Diskursen und erschwert die Akzeptanz von Groß- und Infrastrukturprojekten.

  • 2. Demographischer Wandel als Ursache für Ablehnung von Veränderung

Der zweite Trend ist der demographische Wandel in Deutschland. Die alternde Bevölkerung ist tendenziell bemüht, Besitzstände zu wahren, statt Neues zu wagen. Verständlich, aber problematisch, denn Veränderungen werden bei gleichzeitig schwindendem Horizont an zu erwartenden Lebensjahren oftmals als Bedrohung gesehen und dann instinktiv abgelehnt. Ein Symptom ist das Sankt-Florians-Prinzip, das sich gerne hinter der plötzlich entdeckten Naturliebe des frischpensionierten Chemie-Doktoren verschanzt, wenn es darum geht, ein Windrad oder eine Stromtrasse in der Nähe eines Dorfes zu verhindern. Grundsätzlich ist die Umweltbewegung etwas überaus Wichtiges, deren großer Verdienst es ist, die Gesellschaft in mühevollen Auseinandersetzungen auf den alternativlosen Pfad zur Nachhaltigkeit gebracht zu haben, aber leider zerfällt sie Zusehens in verschiedene Gruppen, von denen sich manche durch eine grundlegende Technik- und Fortschrittsfeindlichkeit auszeichnen. Das blockiert viele Projekte, die auch oder gerade im Sinne der Nachhaltigkeit wären.

  • 3. Meinungsbildung ohne Informationsbasis

Als weiterer Trend ist der Wandel zu einer postfaktischen Partizipationsgesellschaft zu nennen. Auch ohne jegliche Kenntnisse in der jeweiligen Sachfrage ist der User in den Sozialen Medien aufgerufen, an der Meinungsbildung teilzunehmen, was er gerne tut. Die den Algorithmen eingeschriebene Polarisierungstendenz macht die Verständigung zusätzlich schwierig. Die zunehmende Regulatorik und Bürokratisierung tun ein Übriges, ebenso wie die personell ausgedünnten Genehmigungsbehörden – beides zieht Verfahren in die Länge.
Trotz dieser erschütternden Bilanz ist die Lage nicht hoffnungslos. Akzeptanzkommunikation kann Dialoge initiieren, die nicht nur Akzeptanz fördern, sondern sogar Planungen – etwa durch spezielle Kenntnisse lokaler Details – verbessern können. Jegliche Vorhaben stehen heute per se unter Rechtfertigungsdruck. Vorhabenträger müssen durch Akzeptanzkommunikation den in vergangenen Jahrzehnten vorauszusetzenden Konsens herstellen, dass sie entweder im übergeordneten gesellschaftlichen Sinn sinnvoll und notwendig sind – oder aber einfach nicht zu verhindern.